Kunst Sommerferientag

Kunst-Sommerferientag
Samstag, 29. August 2020


15 maskierte Artischocken bestiegen den Bus nach Stans, an diesem sehr nassen Sommertag - die Stimmung unter den Teilnehmern war ungedämpft. Unser Gastgeber, der Bildhauer Rochus Lussi, erwartete uns auf dem Stanser Marktplatz, beim Winkelried-Denkmal, und führte uns auf eine kurze Tour durch die Innenstadt, einschliesslich des Beinhauses aus dem 15. Jahrhundert, mit gestapelten Schädeln und Knochen, angeordnet wie dekorative Scheiterbeigen!

Geschützt vor dem Regen, gab uns Rochus dort eine sehr informative Einführung in das rebellische Leben und Werk von Annemarie von Matt, aus der Stanser Künstler-, Literaten- und Verlegerfamilie. Unser nächster Halt war dann die lange Wand vor dem Wohnhaus und Studio, die Annemarie mit ihrem Ehemann, dem Maler Hans von Matt, teilte. Auf der Wand: eine Reihe von Messingschildern, mit witzigen und evokativen Wortspielen von Annemarie, wie zum Beispiel “Oft braucht man nicht denselben Mann für Dasselbe“.

Bald darauf erreichten wir dann das herrschaftliche, ehemalige Wohnhaus und Studio in einem parkähnlichen Garten, wo die Künstlerin Gertrud Guyer Wyrsch ihre letzten Schaffensjahre verbrachte. Ana Holenstein-Wyrsch, die Tochter von Gertrud Guyer Wyrsch, und Rochus, der mit der Künstlerin befreundet war, führten uns durch den Skulpturenparcours im Garten und durch die Ausstellung der Künstlerin (1920-2013), die dieses Jahr 100-jährig geworden wäre.

Die Ausstellung war abgesagt worden, also hatten wir eine exklusive Tour durch das historische Haus - sechs Räume, vom Gewölbekeller mit Skulpturen bis hinauf zum ausgemalten Wohnraum, dazu die Werkstatt, mit Kunst aus verschiedenen Schaffensphasen. Das Werk umfasst detailreiche, realistische Zeichnungen und Skizzen aus den 1950er Jahren, abstrakte Gemälde aus den 1950er und 60er Jahren und bis zum Tod der Künstlerin im Jahr 2013, und konstruktivistische Metall- und Holz-Säulenskulpturen. Diese Türme steigen bis zu drei Metern in die Höhe. Sie sind aus Gitterwerk, oder aus geschlossenen polygonalen Flächen gebaut. Sie weisen Kanten und feine Wölbungen auf. Die Formen sind immer mit perfekter Geometrie aneinander, aufeinander, ineinander gefügt. Gertrud Guyer Wyrsch war mit Stichsäge, Bohrer, Schraubzwingen, Schleifscheiben und Leimpistole genau so vertraut, wie mit Pinsel und Farbe. Noch nach ihrem 80. Geburtstag erlernte sie die Technik des Schweissens. Diego Wyrschs Fotos seiner Frau und die Skizzen der Künstlerin von ihrem Mann, dazu Werke von Künstlerfreunden aus ihrer Sammlung, ergeben ein farbiges Bild des Paares.

Weiter zu Rochus Lussis Atelier im anonymen Industriegebiet, am Stadtrand von Stans. Er führte uns durch einen hohen Schuppen, voller unbearbeiteter Baumstämme und fertiger Skulpturen. In der grossen Werkstatt, mit Maschinen und weiteren Skulpturen, genossen wir Irmas köstliche, handgemachten Sandwiches und ein Glas Wein, und wir hatten die Gelegenheit, mit dem Künstler und unseren Mitreisenden zu plaudern.

Der letzte Veranstaltungsort war die aktuelle Ausstellung “Trophäen“ von Rochus' Werken in der Galerie Carla Renggli, in der Altstadt von Zug, die noch bis zum 3. Oktober dauert. Das Wolfsrudel, das sich im Eingangsraum der Galerie eingenistet hat - alles mit Kettensäge und Holzwerkzeug aus riesigen Abschnitten von Baumstämmen erschaffen, versetzt uns ins Staunen. Die Ausstellung setzt sich im Untergeschoss und im 1. Obergeschoss fort, mit Serien von bemalten Holzskulpturen: Brotlaiben, verdrückten Kopfkissen, von der Decke baumelnden Taschentüchern, Rückenkratzern, Rehköpfen, Tierhörnern, Speeren, Brüsten (Rochus nennt sie Brötli) und abstrahierten, aus Holz gearbeiteten Volumen und Reliefs mit “Elefantenhaut“-Oberflächen. Die Präsentation der Galeristin und die Führung von Rochus waren wunderbar, ebenso die ausgestellten Arbeiten - diese ergeben einen ungemein starken Eindruck von Umfang, Können und Engagement im Werk dieses wichtigen Künstlers.

Insgesamt war dies ein aktionsreicher Tag und der schönste Regentag seit langem. Ein grosser Dank dafür gebührt Rochus Lussi, Irma Peter, Anna Lehmann, Ana Holenstein Wyrsch, Carla Renggli und unserem Fahrer Fabian, von der Firma Müller in Erlenbach!

JVK

Homepage Rochus Lussi

Homepage Getrud Guyer-Wyrsch

Annemarie von Matt